Wer den Namen Jaffa hört, denkt zuerst einmal an arabisch-orientalischen Flair, gutes Essen, den alten Hafen und die Bibel.
All das hat Jaffa definitiv zu bieten, aber eben auch Skulpturen moderner Kunst aus Bronze oder aus Stein, und einige davon möchte ich hier vorstellen.
Das Altstadt Zentrum von Jaffa wurde Ende Mai bis Anfang Juni im Rahmen einer militärischen Operation der britischen Mandatsregierung schwer beschädigt, mit Dutzenden von total zerstörten Häusern. Die Engländer hatten durch die engen Gassen der Kasbah drei breite Schneisen gebombt – die Form erinnerte an einen Anker und darum bekam die Zerstörung hinterher den Namen „Operation Anker“. In den sechziger Jahren begann dann der Wiederaufbau und die Restauration von Jaffas Altstadt, und zahlreiche Künstler ließen sich hier nieder und eröffneten ihre Studios – der Beginn der zeitgenössischen Kunstszene.
Schwebender Orangenbaum
Der Künstler Ran Morin, geboren 1958 in Jerusalem, hat sich auf lebende Bäume in seinen Arbeiten spezialisiert. In Jaffa hängt sein 1993 kreiertes Werk "Orange Suspenda". Der Orangenbaum wächst aus einem Samen (das Gefäß) heraus. Der Baum wird von einem unauffälligen Tropfsystem bewässert, wächst weiter und bringt Früchte hervor. Die Jaffa Orange ist ihrer natürlichen Heimat beraubt, sie kann hier keine Wurzeln mehr schlagen, denn der Boden ist mit Häusern und Straßen wortwörtlich zugepflastert worden. Symbolisch bedeutet es auch die Wiedergeburt Israels als Nation und den Triumph über Sand und Ödland, nachdem das verfallene Land seit dem späten 19. Jahrhundert zu einer landwirtschaftlichen Gesellschaft, und seit Ende des 20. Jahrhunderts zu einer High-Tech Start-up Nation geworden ist.
Mehr über die Baum-Projekte von Ran Morin unter http://www.ranmorin.com/
Der lächelnde Wal
Hier denkt man natürlich an den Propheten Jona und den Wal aus der jüdischen Bibel. Im Kapitel 1 bis 2 steht „Das Wort des HERRN erging an Jona, mach dich auf den Weg und geh nach Ninive... Jona machte sich auf den Weg; doch er wollte nach Tarschisch fliehen, und ging also nach Jaffa hinab und fand dort ein Schiff, das nach Tarschisch fuhr. Er bezahlte das Fahrgeld und ging an Bord…. Der HERR aber warf einen großen Wind ….. und das Schiff drohte auseinanderzubrechen. Der HERR schickte einen großen Fisch, dass er Jona verschlinge. Jona war drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches. Da betete Jona zum HERRN, seinem Gott, aus dem Inneren des Fisches heraus … Da befahl der HERR dem Fisch und dieser spie den Jona an Land.“ Überflüssig zu sagen, natürlich wurde Jona in Jaffa an Land gespien.
Ilana Goor, 1936 in Tiberias geboren, ging später nach Kalifornien und begann dort ihr künstlerisches Schaffen. 1995 kehrte sie zurück und gründete das Ilana Goor Museum und Studio. Diese Skulptur wurde von ihr im selben Jahr. Da die biblische Geschichte ein Happy End hatte, ist auch der Wal nicht traurig und lächelt zufrieden vor sich hin. Mehr Infos über Ilana Goor unter https://www.ilanagoormuseum.org/en/
Meeresbrise
Der weniger bekannte Maler und Bildhauer Andre Revesz schuf diese Stein Skulptur einer Frau mit ihrem kleinen Kind in Referenz der ständigen Brise des Mittelmeeres.
Revesz wurde 1912 in Transsylvanien (heutiges Rumänien) geboren, und studierte Kunst in Budapest. Seine Eltern, Geschwister, sowie seine Frau und sein Kind wurden in Auschwitz ermordet. Im Jahre 1959 wanderte Andre Revesz nach Israel ein, und eröffnete 1971 ein Studio in Jaffa. Bis zu seinem Tod 1999 war er ein aktiver Künstler, seine Webseite ist nur auf Hebräisch, aber mit zahlreichen Fotos seiner Werke: https://andrerevesz.wixsite.com/andre-site
Tor des Glaubens
Die wohl bekannteste Skulptur ist die aus dem Jahr 1971 von Daniel Kafri, auf dem höchsten Punkt von Jaffa - sage und schreibe 30 Meter hohen Hügel. Von hier aus ist auch der ideale Aussichtspunkt über die Petruskirche und die viel jüngere, aber vielfach größere Schwester Tel Aviv.
Die nördliche Vertikale basiert auf 1 Moses 22:1-19 „Und der HERR sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Moria und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde….. Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich im Gestrüpp mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes statt“. Abraham ist etwa 1800 bis 1900 Jahre vor der Zeitrechnung.
Die südliche Vertikale bezieht sich auf 1 Moses 28:10-12 „Und Jakov verließ Beer Sheba und ging nach Haran. Und er kam an dem Ort an und logierte dort, weil die Sonne untergegangen war…. Und er träumte und siehe! eine Leiter, die auf dem Boden aufgestellt war und deren Spitze bis zum Himmel reichte; und siehe, Engel Gottes stiegen auf und ab.“ Jakov war der Enkel Abrahams und lebte vor etwa 3800 Jahren.
Die Horizontale zeigt die Priester mit der Bundeslade und auf der Rückseite die Israeliten mit ihren Schofars, den Widderhörnern. Die Schlacht von Jericho etwa 1250 Jahre vor der Zeitrechnung und ausführlich beschrieben im Buch Josua 6. Endlich ist das Volk der Israeliten in dem ihm versprochenen Land angekommen.
Daniel Kafri wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 in der Tschechoslowakei geboren. Seine zahlreichen Werke in Israel machen ihn zu einer Art „nationalen“ Künstler. Vor Jahren wurde Kafri streng-religiös, ist aber unverändert aktiv und kreativ. Mehr über den Künstler und seine Werke auf https://www.daniel-kafri.com
In Gedenken
Matanya Abramson wurde 1920 als Kind russischer Immigranten in der Moshawa Kinneret am See Genezareth geboren. In den sechziger Jahren ging Abramson nach Italien, aber nach seiner Rückkehr gründete er 1965 als einer der ersten Künstler ein Studio in Jaffa, das er bis zu seinem Tod 2004 betrieb.
Brunnen der Sternzeichen
Das Werk stammt aus dem Jahr 2011, aus den Händen der beiden Künstler Varda Ghivoli (1947) und Ilan Gelber (1951), die seit 1984 zusammen arbeiten. Die Gassen in der Altstadt tragen heute die Namen der Sternzeichen. Bei archäologischen Ausgrabungen Jahrzehnte vorher genau an dem Platz des modernen Brunnens, wurden Reste eines „Glücksbrunnens“ gefunden, in den Menschen eine Münze warfen damit ihre Wünsche erfüllt wurden. Sich einfach mal die Kalkstein Figuren genauer anschauen: Das Nilpferd mit Hörnern ist der Stier, der Skorpion ist weiblich, das treue Schaf ist der Widder, der Wassermann ist jüdisch mit seiner dominierenden Nase, und die Jungfrau hat wohl einen triftigen Grund mürrisch zu blicken…..
Ewige Jugend
Den Traum so vieler Zeitgenossen verkörpert die Bronze-Skulptur von Eli Ilan. In Winnipeg in Kanada 1928 geboren, wanderte Ilan 20 Jahre später zur Staatsgründung Israels ein. Er studierte an der Universität von Vancouver und der Hebräischen Universität in Jerusalem, und lebte Jahre im Kibbutz in Galiläa. Eli Ilan verstarb 1982, drei Jahre davor schuf der die Skulptur Ewige Jugend.
Nicht mehr in der Altstadt von Jaffa, aber unweit an der Mittelmeerpromenade, stehen zwei weitere interessante Kunstwerke.
Frau im Wind
Ilana Goor konzipierte diese Bronze-Arbeit 1972. Die griechische Siegesgöttin Nike, die sich ihren Weg durch den von männlichen Göttern beherrschten Berg Olympus bahnt, stand hier Model für Ilana Goor. So wie die Künstlerin selber sich mutig ihren Weg bahnte, aber auch so viele andere Frauen in der Bibel und im modernen Staat Israel.
Mehr über die Künstlerin https://www.ilanagoormuseum.org/en
Denkmal der Rettung
Das 2018 errichtete Denkmal für die Rettung der bulgarischen Juden im Jahr 1943 ist das Werk von Momchil Tsvetkov. Es ist identisch mit dem 2016 in Sofia errichteten Denkmal und symbolisiert die Anerkennung der historischen Rettung aller 48.000 bulgarischen Juden im Holocaust, und würdigt die Erinnerung an ihre Retter. Dank der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche, das Gewissen und der Mut prominenter bulgarischer Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, sowie der bulgarischen Bürger konnte die Deportation nach Treblinka verhindert werden.
Darüber hinaus gibt es in der Altstadt von Jaffa und der näheren Umgebung ein Anzahl erstklassiger Galerien zeitgenössischer Kunst, also auf zum Stöbern und Shoppen! Darf ich Sie einladen sich meine Tel Aviv und Jerusalem Touren einmal anzuschauen?
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