Nachdem sich die ersten jüdischen Viertel seit der Gründung von Mishkenot Sha’ananim etabliert hatten, die Flucht der Juden vor den Pogromen in Ost-Europa ins versprochene Land aber unvermindert anhielt, begann 1892 der Bau von Yemin Moshe.
Mishkenot Sha‘ananim bekam - nachdem es ganz allein über drei Jahrzehnte in Sichtweite der Stadtmauern, aber eben doch dort lag, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen – endlich einen Nachbarn. An seiner Nordseite wurde auf dem „Kerem Moshe ve Yehudit“ (Moses und Judith Weinberg) ein neues Wohnviertel gebaut: Yemin Moshe. Dieser Name basiert auf Jesaja 63:12 „der Moses bei der rechten Hand führte“ und Montefiores Vornamen: Moses.
Der Anfang
Der nicht nur körperlich große Philanthrop, Sir Moses Montefiore aus London, hatte bereits 1855 das Land mit Geld aus dem Nachlass von Judah Touro gekauft. Der Aufbau selber wurde finanziert aus dem Montefiore Welfare Funds, und setzte sieben Jahre nach dem Tod des Londoner Bankiers Montefiore dessen Arbeit fort.
Allerdings hatten einige jüdisch-kurdische Einwanderer begonnen, sich in den 1880er Jahren ohne Koordination und Genehmigung auf dem Land niederzulassen, und die mussten erst einmal evakuiert werden.
Joseph Montefiore, ein Neffe von Moses Montefiore, unterzeichnete die Vereinbarungen, die das Bauprojekt ermöglichten und überwachte es auch. Er half bei der Finanzierung mehrerer landwirtschaftlicher Kolonien, und versuchte auch Ackerland für den jüdischen Ausbau zu erwerben, wurde jedoch durch die osmanische Vorschrift, die Landverkauf an Juden verbot, stark behindert.
Das Layout bestand aus drei Nord-Süd-Achsen und vier Ost-West-Straßen. Neben der Windmühle, die 1860 bereits gebaut wurde, damit Juden ihr eigenes Mehl mahlen konnten, baute Montefiore eine Druckerei und eine Textilfabrik als Arbeitsplätze. Zisternen wurden aus dem Felsen gehauen, Wasserleitungen gelegt, gemeinschaftliche Öfen, Synagogen, Ritualbäder und andere öffentliche Einrichtungen versorgten die 130 Häuser. Ein jedes war 34 Quadratmeter groß mit kleinem Garten zum Gemüseanbau. Ebenso wie in Mishkenot Sha’ananim, wurde auch hier darauf geachtet, das die Sephardim und Aschkenasim jeweils 50% der Wohn-Einheiten erhielten.
Um die Jahrhundertwende hatte das Viertel bereits 600 Einwohner und 1920 sogar schon um die 900 Menschen.
Nach dem Ersten Weltkrieg
Aber in der britischen Mandatszeit (1917-1948) litt Yemin Moshe stark unter den fast ständigen arabischen Unruhen und Überfällen. Das britische Hauptquartier im King David Hotel im Rücken und die Araber in der Altstadt in Blickrichtung, machte das Leben schwer, und bewog viele Juden sich Wohnraum in einer weniger riskanten Lage zu suchen. Zurück blieben nur die Ärmsten ohne eine Alternative, und über die nächsten Jahre wurde es zum abgewirtschafteten Armenviertel.
Während des Unabhängigkeitskrieges wurde Yemin Moshe eine Art Grenzposten, und die Bewohner konnten sich nur in Gruppen bewegen. Die meisten der Bewohner, die vorher noch ausgehalten hatten, gingen jetzt weg. Nach dem Erreichen eines Waffenstillstands, zogen ärmste Neueinwanderer, viele davon aus der Türkei und Nordafrika, zur Miete ein. Sie hatten keine finanzielle Möglichkeit, sich für eine sicherere Gegend zu entscheiden. Das Abdallah-Haus und die David Zitadelle waren jordanische Armeeposten, von der aus Scharfschützenfeuer auf Yemin Moshe immer wieder eröffnet wurde.
Nach dem Sechs Tage Krieg von 1967 wurde die Nachbarschaft plötzlich sehr attraktiv, und die Stadtverwaltung organisierte für die Bewohner alternative Unterkünfte. Die Häuser wurden an die Wohlhabenen verkauft, unter der Voraussetzung, dass der ursprüngliche Charakter nach der Renovierung erhalten bleiben muss. Und somit ist Yemin Moshe heute eines der teuersten Flecken in ganz Israel, man sollte etwa € 15.000 und mehr pro Quadratmeter einplanen. Für mich leider ein ganz klein bisschen zu teuer …. Ein Karriersprung vom Armenviertel zur Chic-Meile.
Mishkenot Sha’ananim und Yemin Moshe sind ein Teil meiner Tagestour „Auszug aus den Mauern“, und ich würde mich freuen Ihnen bei diesem Stadtrundgang mehr hierüber zu erzählen und Ihnen weitere spannende Orte in Jerusalems Neustadt zu zeigen.
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